Die Journalistin Elisabeth Bardill-Meyer aus Tenna im Safiental hat mir die Erlaubnis gegeben, ihre Buchbesprechungen hier abzudrucken.




S.Corinna Bille,
Theoda

Rotpunkt Verlag 2014
197 Seiten Fr. 22.00 Info/bestellen


Theoda – Walliser Dorfgeschichte in Romanform

Gunst und Gefahr von Brauchtum und Sittenmoral werden im Roman von S. Corinna Bille vor Augen geführt. Die erwachsene, verheiratete Theoda und deren Schwägerin Marceline, noch im Kindesalter, sind die Hauptfiguren. Theoda lebt eine verbotene Liebe, Marceline ist die unfreiwillige Zeugin davon. Sie ist die eigentliche Erzählerin, die stille, bedrückte jugendliche Beobachterin. Zwei unterschiedliche Frauengestalten zeigen die Kluft zwischen Freiheit in der Liebe und überlieferter sittlicher Ordnung auf. Marceline beschreibt das Leben im Dorf, die jahresbedingten Arbeiten bei der Stufenwirtschaft der Bergbauern aber auch die Kirchenfeste, die dem Jahresablauf eine feste Struktur geben. Es war doch schon immer so und sollte doch so bleiben. Theoda, die stolze, schöne Frau aus einem anderen Tal richtet sich nur zum Schein nach dieser festen Ordnung. Das Verhängnis bleibt nicht aus. Ein Verbrechen kommt an den Tag. – Marceline kehrt nach der Hinrichtung zurück ins Dorf und spürt, dass ihre Kindheit vorbei ist.
Zu S. Corinna Bille 1912-1979: Der Roman «Theoda» hat einen autobiografischen Hintergrund. Die Autorin schrieb ihn, als sie sich von ihrem ersten Ehemann wegen der neuen grossen Liebe zu Maurice Chappaz trennte. Während der Schwangerschaft ihres ersten Kindes lebte sie im Verborgenen. Es war die Zeit während des Zweiten Weltkrieges. Bille erlebte die Gunst und Schönheit einer heimlichen Liebe sowie das Ausgestossensein seitens einer sitten- und brauchtumsorientierten Gesellschaft. – S. Corinna Bille lernt man im neuen Buch «Briefwechsel» näher kennen, in welchem auch ihre Geburtswehen dieses ausserordentlichen Romans erkennbar werden. Für ihre eigene zwiespältige Situation erfand sie die beiden Frauengestalten Theoda und Marcelina. In dichterischer Freiheit setzte sie die tragische Schlussszene zurück ins Mittelalter.

Elisabeth Bardill
15. April 2019


Corinna S. Bille/Maurice Chappaz, Ich werde das Land durchwandern, das Du bist. Briefwechsel 1942 - 1979
Rotpunkt Verlag 2019
380 Seiten Fr. 38.00 Info/bestellen

Briefwechsel – selten gewordenes Kulturgut

Ein Zeitdokument aus dem Wallis ist der Briefwechsel von S. Corinna Bille und Maurice Chappaz. Zwei Liebende, zwei Schreibende kommen uns im Buch nahe: «Ich werde das Land durchwandern, das Du bist». Das Schriftstellerpaar gewährt durch seinen Briefwechsel von 1942-1979 einen lebendigen, intimen Einblick in sein Privatleben. Wir erfahren Gefühle und Regungen der ersten gegenseitigen Annäherung, dann die innigen Liebesbekenntnisse, den Austausch alltäglicher Begebenheiten, Existenzsorgen und Missverständnisse bis hin zum Ausdruck einer tiefen Zusammengehörigkeit. Ihre Liebe beginnt mitten im zweiten Weltkrieg. Der äusserlichen Umstände und Interessen wegen, lebte das Paar oft tage- oder wochenlang räumlich getrennt. Maurice Chappaz durchwanderte Bergwelten und Landschaften im In- und Ausland. Corinna Bille sorgte vorwiegend für die Familie mit drei Kindern und rang stets um Freiräume für das eigene Schaffen. Das Schriftstellerpaar war im französischsprachigen Teil des Wallis stark verwurzelt. Die Familie lebte einfach, liess sich an mehreren Orten nieder und war immer wieder mit der Verwandtschaft konfrontiert. Erst spät konnte das Paar dank deren Unterstützung ein eigenes «rosa Haus in den Himmel steigen lassen». Corinna Bille und Maurice Chappaz bewegten sich in ihrem Nomadenleben in der Tradition ihrer bäuerlichen Vorfahren, die jahraus, jahrein dem Lauf der Jahreszeiten und den zu verrichtenden Arbeiten folgend, zwischen ihren Dörfern hin und her wechselten.
In den Briefen wird unter anderem deutlich, wie wichtig Ruhe und Einsamkeit für beide Partner zum Denken und Schreiben waren. Der Prozess, bis ein Werk andern und auch ihnen selbst genügte, war oft ein dorniger Weg. Die Verhandlungen mit Verlegern konnten zu einer Hürde werden, die in Verunsicherung oder Resignation führte. Doch die Leidenschaft war für das Paar eine geheimnisvolle Kraft, auch wenn beiden Partnern Enttäuschung und Verzweiflung nicht erspart blieben. In Briefen berieten und ermutigten sie sich gegenseitig. Beim Lesen des Buches spürt man den Glauben an das Gute, an die Liebe wie an den Frühling, der immer wieder kommt. – Corinna schrieb an Maurice: «Ich werde das Land durchwandern, das Du bist». Sie ging im übertragenen Sinn durch lichte Felder, dunkle Wälder und tiefe Schluchten.

empfohlen von Elisabeth Bardill
14. April 2019


Elisabeth Bardill

Elisabeth Bardill

Elisabeth Bardill-Meyer kam 1941 im aargauischen Auenstein zur Welt und wuchs danach in Küsnacht am Zürichsee auf. Nach der Ausbildung zur Kindergärtnerin an der Neuen Mädchenschule Bern war sie in Bubendorf BL tätig. Nach der Heirat mit einem Bündner Lehrer zog sie nach Tenna ins Safiental und später nach Schiers. Sie hat vier Söhne und fünfzehn Enkel. Während vieler Jahre unterrichtete sie im Bildungszentrum Palottis Schiers in den Fächern Erziehungslehre, Werken und Gestalten. Seit 2004 lebt Elisabeth Bardill mit ihrem Mann wieder in Tenna. Sie arbeitet freischaffend journalistisch für Zeitschriften, Zeitungen wie auch regelmässig für die „Terra Grischuna“, schreibt Bücher und gibt diese selber unter „edition bardill“ heraus. Es handelt sich stets um Porträts von Menschen in Graubünden.



Elisabeth Bardill, Männer und Frauen verwurzelt in Graubünden

Edition Bardill
Fr. 30.00 bitte mit Mail bestellen



Elisabeth Bardill, Bauernstolz und Bauerntum
Edition Bardill, 2008 Fr. 35.00 bitte mit Mail bestellen

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