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Jan C. Wagner, Im Winter der Löwen. Kimmo Joentaa Band III
Eichborn Verlag
287 Seiten Fr. 29.90



Jan Costin Wagner - ein Spannungsschreiber der speziellen Art

Er ging in die Küche und fühlte sich auf angenehme Weise albern, während er die noch ungeöffnete Wodkaflasche aus dem Kühlschrank nahm und sich an den Küchentisch setzte. Er dachte an Sanna, seine verstorbene Frau, die selten getrunken hatte, aber wenn, dann kompromisslos. Eine Eigenschaft, die er gemocht hatte und seit ihrem Tod weiter pflegte.

Heute war so ein Tag. Vielleicht. Er war nicht sicher. Er spielte auch mit dem Gedanken, ein Glas Milch zu trinken und sich ins Bett zu legen, als es klingelte.
Er öffnete die Tür und sah in das Gesicht der Frau, die Ari Pekka Sorajärvi die Nase gebrochen hatte und deren Namen er nicht kannte. Die Frau sah aus wie ein Schneemann, da sie einen schneeweissen Mantel sowie eine schneeweisse Mütze trug und beides von Schnee bedeckt war.
Die Frau schwieg. Ein stilles Lächeln schien auf ihren Lippen zu liegen, aber er konnte sich täuschen.

"Äh ... hallo", sagte er.

"Hallo", sagte sie und trat an ihm vorbei in den den Flur.

Damit drängte sich Larissa, eine junge Prostituierte, ins Leben von Kommissar Kimmo Jeontaa. Auch sonst verlaufen die Tage vor Weihnachten für den Ermittler ziemlich aufregend. Denn im kalten finnischen Winter geschehen kurz darauf zwei Morde, und der bekannteste TV-Talkmoderator des Landes entgeht nur knapp einem perfiden Anschlag. Kimmo Jeontaa sowie seine Kollegen finden bald heraus, dass beide Mordopfer wenige Wochen zuvor in der Show des TV-Moderators aufgetreten waren.

Mit dem Roman "Im Winter der Löwen" gelang Jan Costin Wagner ein weiterer erstaunlicher Krimi mit dem abgeklärten, sehr menschlichen Polizisten Jeontaa. Die Stärken des Bandes sind erneut die Vielschichtigkeit des Plots, das gekonnte Ausloten der Figuren. Wie Wagner die Handlung vorantreibt, ist gerissen. Man folgt dem Ablauf mit hohen Erwartungen - und wird nicht enttäuscht. Der Roman berührt, ist spannend und hat nicht geringe literarische Qualitäten. Wagners Bücher sind mehrfach ausgezeichnet und bisher in 14 Sprachen übersetzt worden. Der 1972 geborene Autor lebt als freier Schriftsteller in der Nähe Frankfurts sowie in Finnland, seiner zweiten Heimat.

Rolf Wesbonk


Rolf Wesbonk, Stäfa
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Rolf Wesbonk (rwe.)
Redaktioneller Mitarbeiter NZZ Sport
Geboren 1942 in Adliswil. Aufgewachsen im Sihltal. Nach der Lehre als Fabrikspengler Weiterbildung an der Abendhandelsschule. Disponent im Anzeigen-Service der NZZ. Von 1980 bis 2002 freier Mitarbeiter. Seither redaktionelles Mitglied im Sport mit dem Schwergewicht Fussball. Autor von drei Kriminalromanen, die in Zürich und Umgebung spielen - mit dem ehemaligen Fussballer Dillmann als Protagonisten.



Archiv

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Juli 2008: Chris Harrison, Siesta italiana
August 2008: Jeffery Deaver, Die Menschenleserin
September 2008: John Harvey, Schlaf nicht zu lange
Oktober 2008: Norbert Horst, Sterbezeit
November 2008: Michael Connelly, Kalter Tod
Dezember 2008: Jilliane Hoffman, Vater unser
Januar 2009: Sjöwall/Wahlöö, Die Tote im Götakanal
Februar 2009: Richard Stark, Keiner rennt für immer
April 2009: Esmahan Aykol, Scheidung auf Türkisch
Mai 2009: Raymond Chandler, Der lange Abschied
Juni 2009: Petros Markaris, Die Kinderfrau
Juli 2009: Carl Hiaasen, Sumpfblüten
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