Die Journalistin Elisabeth Bardill-Meyer aus Tenna im Safiental hat mir die Erlaubnis gegeben, ihre Buchbesprechungen hier abzudrucken.


Hanna Steinegger,
Die Frauen vom Zieblingerhaus
Th. Gut Verlag
280 Seiten Fr. 29.00 Info/bestellen


Zürich - Unternehmertum im 19. Jahrhundert


Weil Conrad Bühler beim denkwürdigen Aufstand der Textilarbeiter in Uster 1832 ums Leben kommt, muss seine Frau Barbara mit ihrer zehnjährigen Tochter Emma das Dorf verlassen. Sie werden von der Bevölkerung als Schuldige geächtet. Das Gewicht des schwerbeladenen Reffs zwingt die junge Frau vornübergebeugt zu gehen. Mutter und Tochter gelangen barfuss, die Schuhe befinden sich zur Schonung im Gepäck, nach Stäfa und von dort mit einem Ledischiff hinüber nach Wädenswil. Emma muss zu ihrem Schmerz bei Barbaras Schwester bleiben, denn die Mutter muss weiter, um Arbeit in der Weberei zu finden. Die Trennung von Mutter und Tochter wird lange dauern. Für beide beginnt ein Leidensweg durch Armut, Ausbeutung, Verleumdung und Gefängnis. – Ein Neuanfang wird in der Zürcher Altstadt möglich, in einer Zeit, wo Handwerk einen goldenen Boden hat und sich talentierte Leute zu Unternehmern entwickeln oder scheitern können. Den Frauen im Zieblingerhaus gelingt der Aufschwung in Laden und Werkstatt. Die Zweckheirat der Mutter und die unglückliche Ehe der Tochter führen zu einer bemerkenswerten Selbständigkeit beider Frauen, gut hundert Jahre vor der Einführung des Frauenstimmrechtes in der Schweiz.
Die Autorin Hanna Steinegger, 1944 in Horgen geboren und in Wädenswil aufgewachsen, lebt in Schönenberg oberhalb des Zürichsees. Zürichs Umgebung und Altstadt sind Schauplätze des Romans. Hintergrund ist die Wirtschaftsgeschichte des 19. Jahrhunderts.

Tenna, 12. Mai 2019 empfohlen von Elisabeth Bardill




Daniel de Roulet,
Wenn die Nacht in Stücke fällt. Ein Brief an Ferdinand Hodler. Übersetzt von Barbara Traber

Limmat Verlag
128 Seiten Fr. 28.00
Info/bestellen

Huldigung an Ferdinand Hodler in Briefform

«Wenn die Nacht in Stücke fällt»: Die Vorstellung von Daniel de Roulet, dass der bekannte Schweizer Maler (1853-1918) zusammengesunken in einem Korbstuhl in Decken gehüllt die Nacht verbringt, bewegt den grossen Verehrer zutiefst. Der matte Blick des Künstlers auf die Landschaft, vorne der See und über seiner Horizontale die Bergkette und über diesen Bergen das verschneite Massiv des Mont-Blanc, hat tatsächlich etwas mit Auseinanderfallen zu tun. Wenige Stunden vor seinem letzten Atemzug malte Hodler noch einmal die Schönheit der Welt, die aus der Nacht heraufzusteigen scheint.
Daniel de Roulet, geboren 1944, ist Autor zahlreicher Romane. Er lebt in Genf. Er hat beschlossen, Ferdinand Hodler einen langen Brief zu schreiben. Er tut dies in Buchform. Viele Einzelheiten in Hodlers Leben und Werk sind für ihn uninteressant. Er überlässt die Heldenbilder dem bekannten Patrioten, der die grösste Sammlung besitzt. Es geht dem Autoren um die Gemäldereihe der sterbenden Valentine Godé-Darel. Nicht als Kunstkritiker, sondern als Mensch fühlt er sich hundert Jahre später hingezogen zum Liebespaar Valentine und Ferdinand. Die Szenen der beiden, sie liegend auf dem Krankenbett, er mit seinen Maluntensilien, beschreibt der Briefeschreiber de Roulet nach seiner Vorstellung. Die Abhängigkeit der Sterbenden vom Künstler, der den Verlauf festhalten will, macht er deutlich durch einzelne gesprochene Sätze. Man spürt die Beklommenheit des Augenblicks. Was gab es da noch zu erklären. Der Tod nahm Valentine auch ihr Töchterchen weg.
Das Buch birgt eine spannende Lektüre. Ein ungewöhnlicher Zugang zu einem Künstlerleben der Vergangenheit liegt vor. Nicht zuletzt deswegen, weil Daniel de Roulet viele Quellen, Ansichten und eigene Erlebnisse miteinander verknüpft und einfliessen lässt. Zuweilen muss man beim Lesen innehalten, um den Faden nicht zu verlieren. Es handelt sich eben um einen Brief. Viele Teile werden zum Ganzen gefügt, zur persönlichen Huldigung an Ferdinand Hodler. (Übersetzt von Barbara Traber)


Tenna, 13. Mai 2019 empfohlen von Elisabeth Bardill


Elisabeth Bardill

Elisabeth Bardill

Elisabeth Bardill-Meyer kam 1941 im aargauischen Auenstein zur Welt und wuchs danach in Küsnacht am Zürichsee auf. Nach der Ausbildung zur Kindergärtnerin an der Neuen Mädchenschule Bern war sie in Bubendorf BL tätig. Nach der Heirat mit einem Bündner Lehrer zog sie nach Tenna ins Safiental und später nach Schiers. Sie hat vier Söhne und fünfzehn Enkel. Während vieler Jahre unterrichtete sie im Bildungszentrum Palottis Schiers in den Fächern Erziehungslehre, Werken und Gestalten. Seit 2004 lebt Elisabeth Bardill mit ihrem Mann wieder in Tenna. Sie arbeitet freischaffend journalistisch für Zeitschriften, Zeitungen wie auch regelmässig für die „Terra Grischuna“, schreibt Bücher und gibt diese selber unter „edition bardill“ heraus. Es handelt sich stets um Porträts von Menschen in Graubünden.



Elisabeth Bardill, Männer und Frauen verwurzelt in Graubünden

Edition Bardill
Fr. 30.00 bitte mit Mail bestellen



Elisabeth Bardill, Bauernstolz und Bauerntum
Edition Bardill, 2008 Fr. 35.00 bitte mit Mail bestellen

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