Mein Mann, Otto Brändli weilt wieder in seiner zweiten Heimat und ist begeistert vom neuen Buch von Jeffrey Sachs. "The Price of Civilization" ist jetzt auf Englisch erschienen und Otto Brändli hat mir seine Zusammenfassung für Sie zugesandt.


Jeffrey Sachs, The Price of Civilization. Economy and Ethics after the Fall
Random House 2011
326 Seiten Fr. 26.60

“Occupy Wall Street” statt “Tea Party”

Der Ökonom und Direktor des Earth Institut der Columbia Universität hier in New York, wo ich gegenwärtig spannende Kurse besuche, hat soeben sein drittes Buch herausgebracht. Es wird nach „The End of Poverty“ und „Common Wealth“ sicher wieder ein Bestseller: Er ist wütend über die Gier der Superreichen und ihre „Tea Party“ hier in den USA. Sie wollen nicht einsehen, das höhere Steuern nötig sind, um Bildung, Forschung und Infrastruktur, aber auch den sozialen Ausgleich und genug Wasser, saubere Luft und gutes Klima für alle zu finanzieren. Sachs macht die Politiker von Ronald Reagan bis und mit Obama, das Zweiparteienwahlsystem mit Neuwahlen alle 2 Jahre und falsche Empfehlungen seiner Kollegen verantwortlich: es brauche neben einem freien Markt unbedingt auch eine starke öffentliche Hand, um Exzesse, wie den Kollaps von 2008, zu verhindern. Er plädiert für höhere Steuern (der Grenzsteuersatz von maximal 94% im Jahre 1940 wurde von Reagan auf 28% gesenkt und verharrt auch unter Obama auf 35%!), genau wie die Protestbewegungen des arabischen Frühlings und „Occupy Wall Street“ der arbeitslosen 18-30- Jährigen neuerdings hier in New York.


Otto Brändli, zur Zeit in New York City

 

Jeffrey D. Sachs (* 1954 in Detroit) ist ein US-amerikanischer Ökonom und seit 2002 Sonderberater der Millennium Development Goals.

Karriere:1976 erhielt Sachs den Bachelorabschluss summa cum laude von der Harvard University und 1980 seinen Doktortitel, ebenfalls von der Harvard University.
1980 wurde er zunächst Lehrbeauftragter, 1983 auch Professor an der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Harvard University
Im Jahr 2002 wurde Sachs Direktor des “The Earth Institute at Columbia University”, Professor für nachhaltige Entwicklung und Professor für Gesundheitspolitik und -management an der Columbia Universität. Er ist ebenfalls Sonderberater für die Millennium Development Goals des Generalsekretärs der Vereinten Nationen Ban Ki-moon und Forschungsmitglied am National Bureau of Economic Research. Sachs war außerdem Berater für den IWF, die Weltbank, die OECD, die WTO und das UNDP.

In den 1980er und 1990er Jahren war er beratend für mehrere Staaten mit wirtschaftlichen Problemen aktiv: ab 1985 in Bolivien, ab 1989 in Polen, ab 1991 in Russland. Vor allem für die von ihm empfohlene Politik der raschen Privatisierung ("Schocktherapie", siehe auch Coupon-Privatisierung) trug ihm Kritik ein. Linke Ökonomen (zum Beispiel Josef Stiglitz [1]) sind der Meinung, dass seine "neoliberale" Herangehensweise zum raschen wirtschaftlichen Zusammenbruch des Ostblocks beigetragen habe. Ab 1994 war Sachs in Indien aktiv. Seit 1995 beschäftigt er sich besonders mit den Problemen Afrikas.

Ziele: Seine Idee, Entwicklungshilfe auf einer „klinischen Analyse“ des jeweiligen konkreten Patienten zu begründen, verwirft alle einfachen Problemlösungsvorschläge – ob diese nun marktradikaler („der Freihandel löst alle Probleme“) oder globalisierungskritischer und antikapitalistischer („die globalen Konzerne beuten die Armen aus und sind schuld an Hunger und Elend“) Natur sind.

Seine Forschungsinteressen gelten insbesondere der Verbindung zwischen Gesundheit und wirtschaftlicher Entwicklung, ökonomische Geographie, Globalisierung, Transformation zur Marktwirtschaft, internationalen Finanzmärkten, internationaler makroökonomischer Politikkoordination, emerging markets, Entwicklungsökonomik und wirtschaftliches Wachstum, globalem Wettbewerb und makroökonomischer Wirtschaftspolitik in Entwicklungs- und Industrieländern.

Sachs engagiert sich für weitgehenden Schuldenerlass für extrem arme Staaten und im Kampf gegen Krankheiten, insbesondere HIV/AIDS in Entwicklungsländern. Er kritisiert die WTO und den IWF, weil die Geldgeber dieser Organisationen nicht bereit seien, effektive Hilfe für die extrem Armen zu leisten. Der amerikanischen Regierung wirft er vor, dass sie nicht bereit sei, 0,7 % des Bruttosozialprodukts für Entwicklungshilfe zur Verfügung zu stellen.

Sachs wurde für seine Forderung, die Entwicklungshilfe weiter zu steigern, von William Easterly kritisiert, da diese in der Vergangenheit höchstens bescheidene Erfolge erzielt hätte und eine "Planer-Mentalität" bzw. ein Top-Down-Ansatz wenig effektiv sei.


Archiv
Januar 2008: Philip Roth, Exit Ghost
Mai 2008: Jeffrey D. Sachs, Wohlstand für viele
Februar 2010: Mona Bodenmann, Mondmilchgubel

April 2010: Colin Beavan, Barfuss in Manhattan
März 2011: Philip Roth, Nemesis
August 2011: Urs Faes, Paarbildung

OBEN
ZURÜCK ZUR STARTSEITE