Heute hat Rolf Wesbonk, Stäfa den Kriminalroman des amerikanischen Autoren James Sallis für Sie gelesen:



James Sallis, Dunkle Schuld. Turner Trilogie Band 1
Heyne Taschenbücher Band 43410
301 Seiten Fr. 16.90


Wenn der Krimi zum Genuss wird

Ich ging hinein, um Kaffee nachzuschenken, und sagte bei meiner Rückkehr zu ihm: "Ist kein grosses Geheimnis. Ich war ein Bulle. Habe elf Jahre im Gefängnis gesessen. Habe einige Jahre mehr als nützlicher Bürger verbracht. Dann hab ich mich zur Ruhe gesetzt und bin hergekommen. Gibt keinen Grund, dass die Dinge noch komplizierter werden."

Er nickte. "Werden sie dann aber doch immer. Liegt in unserer Natur."

"Kann ich etwas für Sie tun, Sheriff?"

Er hob den Becher. "Prima Kaffee."

"Bringen Sie einen Topf Wasser zum Kochen, nehmen Sie ihn von der Kochstelle und werfen Sie den Kaffee hinein. Deckel drauf und ziehen lassen."

"So einfach."

Ich nickte.

Er trank einen weiteren Schluck und sah sich um. "Friedlich hier draussen, stimmt's?"

"Nicht wirklich."

Eine Eule flog vorbei, die Füsse und der Schwanz ihrer Beute baumelten herab, irgendein Nagetier.

"Um die Wahrheit zu sagen, ich hatte irgendwie gehofft, Sie überreden zu können, mir zu helfen. Bei einem Mord."


So beginnt nicht nur eine erspriessliche Zusammenarbeit in einem Mordfall, sondern auch eine Freundschaft zweier Männer, die sich gegenseitig respektieren und wenig Worte brauchen, um sich zu verstehen. Es ist eine völlig unaufgeregte Suche nach einem Verbrecher, der einen Mann gepfählt und als gekreuzigte Vogelscheuche aufgebaut hat. Dass Provinz-Sheriff Bates die Grösse aufbringt, seine Unerfahrenheit in solchen Dingen offen zu gestehen und den erfahrenen Ex-Cop John Turner um Unterstützung zu bitten, sollte sich für beide Seiten als Glücksfall erweisen. Der eine gewinnt Einblicke in Methoden, die ihm bisher fremd waren, der andere wird aus seiner Einsamkeit erlöst. Der Roman "Dunkle Schuld" von James Sallis ist der erste in der Triologie mit John Turner. Einen hohen Bekanntheitsgrad erfuhr der Autor mit seiner Serie um den schwarzen Privatdetektiv Lew Griffin. Die Krimis von Sallis wurden mehrfach für Literaturpreise nominiert. Schon der vor "Dunkle Schuld" erschienene Band "Driver" erhielt höchste Auszeichnungen. Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" schrieb dazu euphorisch: "Da ist kein Satz zuviel, kein Attribut, kein Verb." Auch mit "Dunkle Schuld" bewegt sich Sallis auf hohem Niveau. Vor diesem Hintergrund wartet man mit ungewöhnlicher Spannung auf den zweiten Band der Triologie.

Rolf Wesbonk

Rolf Wesbonk, Stäfa
r.wesbonk@gmail.com für Ihre Feedbacks


Rolf Wesbonk (rwe.)
Redaktioneller Mitarbeiter NZZ Sport
Geboren 1942 in Adliswil. Aufgewachsen im Sihltal. Nach der Lehre als Fabrikspengler Weiterbildung an der Abendhandelsschule. Disponent im Anzeigen-Service der NZZ. Von 1980 bis 2002 freier Mitarbeiter. Seither redaktionelles Mitglied im Sport mit dem Schwergewicht Fussball. Autor von drei Kriminalromanen, die in Zürich und Umgebung spielen - mit dem ehemaligen Fussballer Dillmann als Protagonisten.


James Sallis (* 21. Dezember 1944 in Helena, Arkansas) ist ein US-amerikanischer Schriftsteller, Poet, Kritiker, Redakteur, Musiker und Übersetzer.

Bereits zu Studienzeiten an der Tulane University in New Orleans konnte Sallis erste Texte veröffentlichen. Nach dem Studium zog er erst nach Iowa und dann nach London. Dort entstand auch sein erster Prosa-/Gedichtband A Few Last Words. Zusätzlich brachte er mit seinem Freund und Kollegen Michael Moorcock das Magazin New Worlds heraus. Er übersetzte Raymond Queneau und Alexander Puschkin ins Englische und veröffentlichte eine Biografie von Chester Himes. Momentan lebt er mit seiner Frau Karyn in Phoenix (Arizona).

Bekannt wurde Sallis besonders durch seine bis heute sechs Bücher umfassende Reihe um den schwarzen Privatdetektiv Lew Griffin.

James Sallis wurde für mehrere Literaturpreise nominiert, darunter für den Anthony, den Nebula, den Edgar, den Shamus sowie den Gold Dagger Award. 2008 wurde die deutsche Übersetzung von Drive mit dem Deutschen Krimi Preis ausgezeichnet.

http://www.jamessallis.com/




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Oktober 2008: Norbert Horst, Sterbezeit
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Dezember 2008: Jilliane Hoffman, Vater unser
Januar 2009: Sjöwall/Wahlöö, Die Tote im Götakanal
Februar 2009: Richard Stark, Keiner rennt für immer
April 2009: Esmahan Aykol, Scheidung auf Türkisch
Mai 2009: Raymond Chandler, Der lange Abschied
Juni 2009: Petros Markaris, Die Kinderfrau
Juli 2009: Carl Hiaasen, Sumpfblüten
August 2009: Jan C. Wagner, Im Winter der Löwen
September 2009: Peter Robinson, Verhängnisvolles Schweigen
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