Die Journalistin Elisabeth Bardill-Meyer aus Tenna im Safiental hat mir die Erlaubnis gegeben, ihre Buchbesprechungen hier abzudrucken. Ganz herzlichen Dank!


Zwei Besprechungen für Sie:
Arno Camenisch, die Welt
Cédric Herrou, Ändere deine Welt



Arno Camenisch, die Welt
Diogenes Verlag
138 Seiten Fr. 27.50 Info/bestellen

Das Reisen lüftet den Kopf

«Die Welt» - Der neue Roman von Arno Camenisch im Diogenes Verlag erzählt vom Reisen durch die Welt. Der Ich-Erzähler könnte irgendeiner sein, doch man liest das Buch als Autobiografie. Ob Erinnerung an real Erlebtes, Erfundenes oder Wunschdenken bleibe dahingestellt. Ein junger Mann zog es aus einem vorgeplanten Leben nach Ausbildung und Arbeitswelt in die weite Welt hinaus. Reisen im Flugzeug, im Boot oder auf der Strasse wurden zur Leidenschaft, da mit dem Wechsel von Landschaften, Menschen und Städten auch ein Wechsel von Eindrücken, Gedanken und Beobachtungen mit einher gingen. Die Reisen über vier Kontinente ergaben sich spontan. Was der Erzähler dabei lernte, war für das Leben. Freundschaften, Liebschaften, Ankünfte, Schlusspunkte und Aufbrüche bedeuteten alles. Punktuell und treffend in den Fluss des Erzählens eingestreut ist das Zeitgeschehen anfangs des 21. Jahrhunderts. Der Bündner aus Tavanasa und Chur zog voller Neugierde und mit grosser Menschenliebe durch die Welt. Doch zwischendurch kam er in die alte Heimat zurück um zu arbeiten und sich um seine Mutter zu kümmern. Als Kind mit dem Finger über die Kontinente auf dem drehbaren Globus zu fahren, war wohl der Anfang seiner Reiselust.
Das ganz persönliche Reisebuch von Arno Camenisch zeigt die Heftigkeit eines jungen Menschen, der aus den starren Konventionen ausbrach um frei leben und denken zu können. Dass dabei ernste, tiefgründige Erfahrungen gemacht wurden verhinderte die Absturzgefahr. Reisen lüftet den Kopf. «Das sollte ich später noch oft erleben, je schlechter das Land stand, umso besser waren die Leute untereinander organisiert. Der Mensch hatte von der Steinzeit an erlebt, dass er sich zu Gruppen zusammenschliessen sollte, wenn eine Gefahr drohte, um zu überleben.» Camenisch erzählt knapp und unmissverständlich, was für ihn und die Gesellschaft wichtig sein könnte. Beim Lesen dieses Buches wähnt man sich selber unterwegs. Die Sätze ziehen einen vorwärts und lenken gleichzeitig auf die eigene Lebensreise hin, auch wenn diese in Graubünden begann und vielleicht da enden könnte. Der Wechsel von einem Ort zum andern wird immer wieder unterbrochen mit Denkpausen, vor allem im Gedanken an die kranke, jedoch langsam genesende Mutter. – Arno Camenisch hat ein neues Thema aufgegriffen, worin er Banalität mit Weisheit verbindet.
Elisabeth Bardill

Tenna, 18. August 2022


Herrou Cédric, Ändere Deine Welt
Rotpunkt Verlag
264 Seiten Fr. 31.30 Info/bestellen

Ändere deine Welt – Wie ein Bauer zum Fluchthelfer wurde

Ein Bürger kann den Lauf der Geschichte verändern. Das Buch von Cédric Herrou, geboren 1979, ist das Zeugnis eines Mannes, der sich gegen den Zynismus der Behörden auflehnt. Er ist im Frühjahr 2016 auf dem Heimweg von Ventimiglia zu seinem Hof in Breil-sur Roya. Er fährt an einer afrikanischen Familie vorbei, die der Strasse entlangläuft. Er kehrt um, lässt die Familie einsteigen und nimmt sie mit nach Hause. Ihre Blicke treffen ihn unmittelbar ans Herz und so lässt er sich auf ein Abenteuer ein, das von da an Mittelpunkt und Sinn seines Lebens wird. – Eigentlich wollte Cédric ein einfaches und zurückgezogenes Leben als Olivenbauer im abgeschiedenen Royatal führen. Doch dann sah er immer mehr Geflüchtete an der französisch-italienischen Grenze, unweit von seinem Hof, stranden. Er sah, wie die Polizei sie systematisch und widerrechtlich an der Einreise hinderte. Er hätte wegschauen können wie viele andere, entschied sich aber im Namen der Menschlichkeit, diesen Vertriebenen und Misshandelten zu helfen. Er bekam den staatlichen Rassismus und die Aufnahmekrise zu spüren. Er kam in Polizeigewahrsam und wurde als Rebell bekannt. Er sah aber auch die Tränen eines jungen Gendarmen. Sein Handeln gegen alle Widerstände hat sich gelohnt. Er beschreibt diesen Weg der Hindernisse seitens der Behörden in seiner bewegenden Autobiografie. Sein Engagement fand und findet Aufmerksamkeit und Anerkennung. Der apolitische «Punk» und Einzelgänger wurde zum Migrationsaktivisten.
Elisabeth Bardill
Tenna, 25. Juli 2022



Elisabeth Bardill



Elisabeth Bardill-Meyer kam 1941 im aargauischen Auenstein zur Welt und wuchs danach in Küsnacht am Zürichsee auf. Nach der Ausbildung zur Kindergärtnerin an der Neuen Mädchenschule Bern war sie in Bubendorf BL tätig. Nach der Heirat mit einem Bündner Lehrer zog sie nach Tenna ins Safiental und später nach Schiers. Sie hat vier Söhne und fünfzehn Enkel. Während vieler Jahre unterrichtete sie im Bildungszentrum Palottis Schiers in den Fächern Erziehungslehre, Werken und Gestalten. Seit 2004 lebt Elisabeth Bardill mit ihrem Mann wieder in Tenna. Sie arbeitet freischaffend journalistisch für Zeitschriften, Zeitungen wie auch regelmässig für die „Terra Grischuna“, schreibt Bücher und gibt diese selber unter „edition bardill“ heraus. Es handelt sich stets um Porträts von Menschen in Graubünden.



Elisabeth Bardill, Männer und Frauen verwurzelt in Graubünden

Edition Bardill
Fr. 30.00 bitte mit Mail bestellen



Elisabeth Bardill, Bauernstolz und Bauerntum
Edition Bardill, 2008 Fr. 35.00 bitte mit Mail bestellen

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